Kleinigkeiten

Samstag, 8. Mai 2010

Supertweets

Etwas spät, aber doch noch etwas über den Supertweet-Wettbewerb, der letzte Woche zuende gegangen ist. Ich habe mich sehr gefreut, den sechsten Platz geschafft zu haben. Die Faszination von Twitter einem Unbeteiligten zu erklären, ist nahezu unmöglich, deshalb hier nur einige wenige Aspekte: es ist die Schönheit der Natur, wenn man frühmorgens am nebligen Ufer sitzt, es ist die Vorfreude, wenn man einen schleimigen Wurm auf einen Haken aufspießt, damit er sich vor Schmerz windet, und nicht zuletzt der Stolz, wenn man dann einen Prachtkerl herausgezogen hat und ihm den Bauch aufschlitzt, damit die Innereien inklusive Fischscheiße herausflutschen. Herrlich!

Abgesehen davon ist es eine ganz besondere Herausforderung, nur 140 Zeichen Platz zu haben, um etwas aus Buchstaben zu machen. Beachtenswert ist, was alles nicht funktioniert, und faszinierend, was trotzdem geht. Nebenbei las ich, dass einige Mitleser von den Wettbewerb-Tweets enttäuscht waren. Dazu möchte ich kurz etwas erklären. Eines der absolut wichtigsten Qualitäten eines guten Tweets ist meiner Meinung nach eine gewisse lockere Eleganz und Unangestrengtheit. Gute Tweets kommen aus dem Handgelenk. Guten Tweets sieht man nicht an, ob der Autor eine Stunde, einige Tage oder eine Woche darüber gebrütet hat. Sie lesen sich so, als wären sie in zehn Sekunden ausgedacht und in einem Augenblick heruntergeschrieben (Ich meine damit jetzt ausdrücklich nicht meine eigenen Tweets, die kann sich jeder durchlesen und entscheiden, ob ich selbst meinen Anforderungen genüge). Da die Tweets erst eingereicht und anschließend veröffentlicht wurde, kann es natürlich gut sein, dass diesen Korallen Farbe und Glanz verloren ging, sie zu einem Ballett in Gelatine wurden.

Hinzu kommt noch etwas anderes – das Funktionieren vieler Tweets hängt ebenfalls davon ab, wer es schreibt. Die Konstruktion der Identität eines Twitterers ist wiederum ein längerer Prozeß, es hängt etwa von seinen vorherigen Tweets ab bis hin zu seinem Profilbild. Zu Illustration hier einmal drei Tweets von Badbanana:

Erstes Beispiel
Zweites Beispiel
Drittes Beispiel

Vielleicht wären diese Tweets unlustig oder geschmacklos, wenn nicht genau er, Badbanana, sie schreiben würde. Lakonie ist nicht nur ein Inhalt, sondern vor allem auch ein Verdienst (deshalb ist Lakonie auch gerade eine Domäne älterer Komiker). Das macht zusammengenommen den Wettbewerb nicht einfacher, da in den entscheidenden Runden die Tweets (gerechterweise) anonym getwittert wurden. Insgesamt soll das keine Kritik am Reglement oder den Veranstaltern sein – ich wüßte nicht, wie man es anders machen sollte, ohne haarsträubende Ungerechtigkeiten zu riskieren. Es geht schlichtweg nicht anders. Das Schwierigste ist dann, die Tweets trotz dieser Beschränkungen locker zu halten.

Dennoch eine sehr gelungene Veranstaltung. Das waren mehr als 140 Zeichen.

Donnerstag, 15. April 2010

Ich wär so gern in Dahala Khagrabari

Kürzlich las ich über Enklaven, oder Exklaven, was das gleiche ist, nur andersherum gesehen, und stieß auf den den interessanten Komplex der indisch-bangladeschischen Exklaven. Es heißt tatsächlich „bangladeschisch“, obwohl das blöd klingt und „bangladeschoid“ oder „bangladeschesk“ schicker gewesen wären. Wie auch immer, der gesamte Komplex an östlichen Grenze Indiens besteht aus 102 indischen Enklaven in Bangladesch und 71 bangladeschischen Enklaven in Indien. Innerhalb der indischen Enklaven gibt allerdings wiederum 21 bangladeschische Unterenklaven, also Enklaven in Enklaven. Und, das ist einmalig auf der Welt, es gibt dort eine indische Unterunterenklave, die einzige Enklave dritter Ordung auf der Welt, ein 7000qm großes Jutefeld namens Dahala Khagrabari. Nochmal zum Mitschreiben: Dahala Khagrabari ist eine indische Enklave, welche in einer bangladeschischen Enklave liegt, welche in einer indischen Enklave liegt, welche in Bangladesch liegt. Und das, liebe Inder, liebe Bangladeschianer (?), muss Euch erstmal einer nachmachen.

Montag, 4. Januar 2010

Das Tunguska Ereignis

Als ich heute morgen die Tür öffnete, stellte ich fest, daß ich jetzt in Sibirien wohnte. Offenbar bin ich letzte Nacht versehentlich umgezogen. Zum Glück mußte ich nur zum Pennymarkt. Kaum hatte ich einige Meter zurückgeleg, war ich heilfroh darüber, wenigstens nicht die Leerguttüte mitgenommen zu haben. Eine solche Last hätten meine treuen Schlittenhunde nicht lange ziehen können. Ich hätte die Tüte mit 3 Euro 25 Cent Einwegpfand im ewigen Eis zurücklassen müssen und gewiß wäre heute noch so ein Arschloch vorbeigekommen und hätte es mitgenommen. Wahrscheinlich hätte ich sogar noch einige meiner Schlittenhunde opfern und aufessen müssen. Der Pennymarkt war glücklicherweise an derselben Stelle wie bei der alten Wohnung und die dicke rothaarige Kassiererin ist auch mit nach Sibirien umgezogen, komisch eigentlich. Ich kaufte eine Dose Suppe, eine Pepsi-Light und eine Packung Sülzwurst. Das Toastbrot war noch vom Samstag, das habe ich ihnen glatt dagelassen. Allerdings werde ich somit morgen früh noch eine Expedition ausrüsten müssen. Auf dem Rückweg – der Wind pfiff mir mit 140 Stundenkilometer 30 Minusgrad kalt entgegen – fiel mir das Tunguska-Ereignis ein, das sich vor 100 Jahren in Sibirien ereignete. Das wäre was, wenn jetzt hier auch ein Komet explodieren würde! Damals hatte es 13 Jahre gedauert, bis überhaupt jemand dort vorbeigekommen ist, um sich den Schlamassel anzuschauen. 60 Millionen Bäume wurden damals umgeknickt. Ich bin mir gar nicht sicher, ob in Berlin inklusive Grunewald überhaupt so viele Bäume stehen. Da kamen mir meine Einwegpfandprobleme doch gleich klein und unwichtig vor.

Freitag, 2. Oktober 2009

Die Verwandtschaft der Gegenstände

Es ist ein weitverbreitetes Vorurteil, daß die Verhältnisse der Gegenstände untereinander sich gerade einmal auf pauschale Urteile „ähnlich“, „gleich groß“, „genauso schwer“ oder „teurer“ beschränken. In Wirklichkeit sind die Gegenstände miteinander verwandt.
Socken haben nur Schwestern. Stühle und Tische, überhaupt alle Möbel haben hauptsächlich Vettern und Cousinen. Berüchtigt für die Kompliziertheit ihrer Verwandtschaftsverhältnisse sind die Schreibwaren, deren Verschwisterung und Verschwägerung zwischen Bleistiften verschiedener Härtegrade, Kugelschreiber unterschiedlicher Farben, harten und weichen Radiergummis selbst eifrigsten Forschern verschlossen blieben.
Eine matrilineare Abstammung haben Gartengeräte, wie man an jeder Harke und ihren hübschen Töchtern sieht. Legendär ist der verwandtschaftliche Erfindungsreichtum der Anziehsachen, da prinzipiell jede Sache drunter der Nachfahre der Sache drüber ist, außer bei Jacken, bei Schuhen, bei Socken und natürlich bei Schals und Hüten. Wenn man sich winterlich kleidet, dann ist das eine Angelegenheit, mit der im Kleiderschrank drei Großfamilien befaßt sind. Möglich ist zum Beispiel, daß Ihr linker Handschuh die Nichte ihres Wollunterhemds ist. Über Küchengeräte brauchen wir hier überhaupt nicht zu sprechen, das ist ein Sodom und ein Gomorrha. Rührschüsseln etwa sind grundsätzlich stockschwul, und Handmixer auch irgendwie pervers, beide zusammen leben sie mit den kampflesbischen Suppenlöffeln in einer Art Avunkulat.
Deshalb sollte man sich auch immer überlegen, mit welchen Gegenständen man Streit anfängt. Vielleicht haben sie einen Betonmischer als großen Bruder.

Donnerstag, 10. September 2009

Nebel ist eine faule Wolke

Heute morgen in Berlin gibt es eine zarte, leichte Andeutung von Nebel. Ein wenig Dunst hängt an den höchsten Stockwerken der Hochhäuser. Der Fernsehturm am Alexanderplatz sticht von unten in eine große leichte Watte. Nebel ist in Berlin selten. Eigentlich schade, denn vermutlich wäre die Stadt mit mehr Nebel um einiges glücklicher. Der Nebel wirkt beruhigend auf das Gemüt. Nebel dämpft die Lautstärke der Stadt. Nebel macht es draußen unheimlich und drinnen gemütlich, und er ist sogar kostenlos. Außerdem wäre positiv, daß im Nebel sich weniger Berliner gegenseitig sehen könnten. Und den Berliner Lyrikern würde an einem Nebeltag viel mehr einfallen, sogar mit Reim.

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Zuletzt aktualisiert: 15. Jul, 02:09

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